In unserer virtuellen Welt wird es in Zukunft kaum noch Sterbefälle ohne „digitalen Nachlass“ geben. Die meisten Verstorbenen hinterlassen eine Vielzahl an Daten auf ihren Rechnern und Accounts im Netz – vom Email-Postfach, Zugang zu Social-Network-Plattformen bis hin zum Amazon-Nutzerkonto. Doch was passiert mit dem virtuellen Nachlass? Auch nach dem Tod bleiben sämtliche Internet-Aktivitäten erst einmal bestehen: Email-Postfächer laufen voll, gestartete Ebay-Auktionen gehen weiter und das Xing-Profil preist unverändert den beruflichen Werdegang an. Wie aber kommen Erben an all die Passwörter? Und an wen dürfen Zugangsdaten herausgegeben werden? Rechtssicherheit durch gesetzliche Regelungen gibt es bisher kaum. Abhilfe können Sie durch klare Regelungen im Testament, der Vorsorgevollmacht und Hinterlegung von Passwörtern schaffen.
„Grundsätzlich geht auch der digitale Nachlass mit dem Tod eines Menschen auf dessen Erben über“, erklärt Dr. Florian Meininghaus, Geschäftsführer der Landesnotarkammer Bayern. „Dies gilt jedenfalls für das digitale Vermögen, wie das Eigentum an der Hardware, gespeicherte Dateien sowie Rechte und Pflichten aus Verträgen mit Providern.“ Digitale Liebes-Emails und sonstige höchstpersönliche Positionen bzw. Daten sind dagegen nicht vererblich. „Denn jeder Mensch hat einen Anspruch auf den Schutz seiner Persönlichkeit, auch über den Tod hinaus“,so Dr. Meininghaus.
Doch wer entscheidet, welche Emails einen geschäftlichen Inhalt haben oder höchstpersönlicher Natur sind? Und wie wirkt das Fernmeldegeheimnis und Datenschutzrecht, wenn es darum geht, welche Informationen Provider herausgeben dürfen? „Gerade in diesem Bereich ist die Rechtslage derzeit hochgradig umstritten, was zu enormer Rechtsunsicherheit bei Erben und Internetdienstleistern führt“, weiß Dr. Meininghaus. „Im Hinblick auf das Fernmeldegeheimnis wird zum Teil vertreten, dass Emails und Daten, die durch den Verstorbenen selbst noch nicht vom Server abgerufen worden sind, nicht an die Erben gegeben werden dürfen“, erklärt Dr. Meininghaus. Es verwundert daher nicht, dass Provider derzeit die unterschiedlichsten Lösungswege für die digitale Nachlassregelung parat halten: Manche teilen dem Erben gegen Vorlage eines Erbnachweises – entweder Erbschein oder notarielles Testament – die Zugangsdaten mit, andere löschen bzw. sperren den Zugang im Erbfall automatisch bei monatelanger Inaktivität. Einheitliche Regelungen wie bei der Legitimation von Erben gegenüber Banken sucht man vergeblich.
„Allen Bürgern kann daher nur empfohlen werden, rechtzeitig selbst Vorsorge zu treffen“, rät Dr. Meininghaus. „Im Testament sollten klare Regelungen zur Nachfolge in den digitalen Nachlass aufgenommen werden. Auch an einen Vorsorgebevollmächtigten können konkrete Aufträge im Hinblick auf die Sichtung der Dateien gegeben werden.“ In Kombination dazu empfiehlt sich ein Hinweis auf eine Listung aller Zugangsdaten, die möglichst sicher aufbewahrt werden sollte. Die Aufführung im Testament selbst ist aufgrund der regelmäßigen Aktualisierung der Passwörter nicht zweckmäßig. „Achten Sie auch darauf, dass der Berechtigte einen möglichst schnellen Zugriff auf den digitalen Nachlass erhält, damit er Online-Vertragsbeziehungen unter Einhaltung von Kündigungsfristen abwickeln kann und auch sonstigen Pflichten, wie z.B. der Änderung des Impressums bei einer Homepage innerhalb einer sechswöchigen Frist, nachkommen kann“, empfiehlt Dr. Meininghaus.